Während Unternehmen versuchen, sich von der globalen Pandemie zu erholen, wird der Siegeszug der intelligenten Automatisierung die Geschäftsabläufe im Unternehmen nachhaltig verändern. Dieser Artikel geht der Frage nach, wie Technologien wie Machine Learning den Aufgabenbereich des CFO neu gestalten werden.
Schon vor der globalen Pandemie zeigte sich der Bedarf an effizienteren, dynamischeren Arbeitsmethoden im Finanzwesen. Doch gerade die Ereignisse des Jahres 2020 erweisen sich jetzt als wichtiger Katalysator für Veränderungen. Für das Finanzwesen bedeutet dies einen kompromisslosen Umstieg auf digitale Technologien wie Machine Learning, die auf Kernprozesse angewendet werden können.
CFOs suchen schon lange nach Möglichkeiten, Prozesse wie Abschluss, Konsolidierungen, Reporting und Entgeltabrechnung zu beschleunigen. Die COVID-19-Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen an Ort und Funktionsweise der Geschäftstätigkeit machen diese Umstellung nun zwingend notwendig.
Thomas Willman, Principal, Finance Advisory Global Practice Leader bei The Hackett Group, erklärt: „Das Finanzwesen musste 2020 auf vielen Ebenen eine Transformation durchlaufen. Der Arbeitsumfang hat sich nicht verändert. Neu ist nur der Umstand, dass all diese Aufgaben nun außerhalb des Büros erledigt werden müssen. Finanzfachleute untersuchen, wie mit verstärkter Automatisierung und mit Technologien wie Machine Learning Muster identifiziert und Empfehlungen ausgegeben werden können, für die früher manuelle Eingriffe erforderlich waren.“
Bei richtiger Anwendung gibt die Kombination aus digitalen Technologien und mehr Automatisierung CFOs ein starkes Werkzeug an die Hand, um einschneidende Neuerungen in der Finanzfunktion durchzusetzen. Doch der Erfolg stellt sich nur ein, wenn die Aufgaben identifiziert und priorisiert werden, mit denen der höchste Mehrwert erzielt werden kann. Beim Finanzteam sollten zuallererst repetitive und transaktionsbezogene Aufgaben automatisiert werden, die arbeitsintensiv sind oder manuelle Eingriffe erfordern. Dadurch werden die Mitarbeiter in erheblichem Umfang entlastet, sodass sie verstärkt als strategische Berater im Unternehmen agieren können.
Das zweite Ziel ist, zu ermitteln, wo digitale Technologien wie Machine Learning zur Erkennung, Prognose oder Empfehlung angewendet werden können, sodass letztendlich mehr „maschinelle“ Intelligenz in eine Transaktion oder einen Prozess einfließt. Sobald die Maschine ein Muster erkennt, kann sie dasselbe Ergebnis immer wieder anwenden, und da die Maschine weiter lernt, wird sie immer intelligenter.
Das Resultat – Automatisierung gepaart mit maschineller Intelligenz – sind intelligente, automatisierte Prozesse, bei denen ein großer Teil des Zeitaufwands wegfällt, der bisher für Transaktionen und Prozesse erforderlich war. In einer Workday Adaptive Planning-Umfrage stuften über 40 % der Finanzführungskräfte die Forderung anderer Führungskräfte und operativer Stakeholder nach schnelleren, hochwertigeren Einblicken als wichtigsten Impulsgeber für Automatisierungsinitiativen im Finanzwesen ein.
In der Accenture-Studie „Charting a Path to Intelligent Automation“ geben ungefähr drei Viertel der befragten CFOs an, dass sie zur unternehmensweiten Transformation beitragen. Daher ist es besonders wichtig, in der Finanzfunktion die richtigen Grundlagen zu schaffen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, Strategie, Methodik und Deployment intelligenter Automatisierungstools als lückenlosen Ablauf zu betrachten, und zwar im Kontext der Gestaltung des Unternehmens, nicht der Behebung einer bestimmten Schwachstelle.
Im Finanzwesen spielen Zahlen natürlich eine wichtige Rolle und wenn Sie Automatisierung unter den Gesichtspunkten Kosten und Effizienz betrachten, sprechen die Zahlen für sich. Recherchen zu einem in CFO Dive veröffentlichten Argyle-Webinar ergaben, dass ein Unternehmen mit einem 20-köpfigen Finanzteam normalerweise 1.920 Stunden pro Jahr für manuelle Aufgaben aufwendet. Das entspricht Kosten in Höhe von schätzungsweise 124.800 USD. Ein großes Unternehmen mit einem 100-köpfigen Finanzteam verliert möglicherweise 9.600 Stunden oder 624.000 USD pro Jahr.
Trotz des offensichtlichen finanziellen und betrieblichen Nutzens von Machine Learning passt sich die Finanzfunktion häufig nur langsam an. Buchhaltung, Lieferantenmanagement, Beschaffung und Auditing – alle diese Bereiche bieten sich für die Automatisierung an. Doch das Risiko erweist sich oft gerade für große, in mehreren Regionen tätige Unternehmen als Innovationshürde. Außerdem sind Teams in diesen Bereichen vorrangig darauf bedacht, den Betrieb aufrechtzuerhalten – häufig auf Kosten der Transformation.
Die Transaktionsverarbeitung ist eine weitere Hürde, die der Finanzabteilung auf dem Weg zu einer erfolgreichen Transformation und letztendlich zu besseren Partnerschaften im Unternehmen im Weg steht. Daher überrascht es nicht, dass CFOs, die die Automatisierung vorantreiben möchten, diesen Punkt als Erstes in Angriff nehmen.
„Automatisierung bietet Führungskräften im Finanzwesen eine großartige Möglichkeit, das Management ihrer Buchhaltungsprozesse zu optimieren. Dieser Bereich bereitet dem Finanzwesen schon seit Langem Schwierigkeiten und kann mitunter direkten Einfluss auf den Cashflow des Unternehmens ausüben“, so Barbara Larson, General Manager, Workday Financial Management. „Die Finanzabteilung verbringt sehr viel Zeit mit der Prüfung von Journaleinträgen, Rechnungen und anderen Unterlagen, um Fehler manuell zu korrigieren. Durch Machine Learning kann dieser Aufgabenbereich automatisiert werden, sodass Zahlungen auf intelligente Weise mit Rechnungsdaten abgeglichen werden.“
Durch Machine Learning lässt sich auch das finanzielle Risiko mindern, indem verdächtige Zahlungen in Echtzeit gemeldet werden. So kann der Prozess wesentlich effektiver und effizienter gestaltet werden. Durch interne und externe Betrugsfälle entstehen Unternehmen jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe. Zur Minderung dieses Risikos ist es derzeit üblich, Rechnungen stichprobenartig manuell zu prüfen. Diese Methode der Betrugs- und Fehlerprävention deckt jedoch nur einen Bruchteil aller Zahlungen ab – und gleicht somit der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Mit Machine Learning ist es möglich, eine wesentlich höhere Anzahl von Rechnungen zu überprüfen und auf doppelte oder verdächtige Zahlungen zu analysieren.
„Gerade angesichts der zunehmendem Verschärfung der Gesetze zur Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzierung terroristischer Aktivitäten ist die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen für Finanzinstitute von essenzieller Bedeutung“, erklärt David Axson, CFO Strategies Global Lead bei Accenture Strategy. „Ein globaler Bankenkonzern stellte bis zu 10.000 Mitarbeiter dafür ab, verdächtige Transaktionen und Konten zu ermitteln, die mögliche Hinweise auf solche illegalen Aktivitäten lieferten. Um ihnen die Arbeit zu erleichtern, wurde eine KI-Lösung eingeführt, die Transaktionen und Konten mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen segmentiert. Außerdem legt sie optimale Grenzwerte für Warnmeldungen fest, die Mitarbeiter auf potenzielle Fälle mit Handlungsbedarf hinweisen.“
Wenn Sie die Aufgabe der Finanzplanung und -analyse in Zukunft auch darin sehen, das Unternehmen mit datengestützten Entscheidungen in Echtzeit zu unterstützen, werden Sie nicht abstreiten, dass die Prozesse der Finanzabteilung transformiert werden müssen, um dieser Vision Rechnung zu tragen – und Automatisierung ist ein zentraler Bestandteil dieser Transformation.
Im Schnitt können ca. 60 % der Finanzaktivitäten mit den aktuell verfügbaren Technologien vollständig (40 %) oder größtenteils (17 %) automatisiert werden, so die Ergebnisse einer McKinsey-Studie. Wo sich der Bereich der Finanzplanung und -analyse in diesem Spektrum verorten lässt, bleibt offen, doch dieselbe Studie besagt, dass viele Aufgaben dieser Kategorie vollständig (11 %) oder größtenteils (45 %) automatisiert werden können.
Kaum jemand wird bestreiten, dass der tabellenbasierte Ansatz in diesem Bereich derzeit von einer wesentlich kollaborativeren, auf Automatisierung basierenden Philosophie abgelöst wird. Es ist schwer zu sagen, wie weit diese Entwicklung bereits fortgeschritten ist, doch die wachsende Nachfrage nach Finanzfachkräften mit analytischen und technologischen Kompetenzen anstatt Kenntnissen in der Tabellenkalkulation stellt eine recht drastische Kehrtwende dar. Noch vor zwei Jahren stuften 78 % der Teilnehmer an einer CFO Insights-Studie Kenntnisse in Microsoft Excel® als wichtigste Kompetenz ein. Inzwischen ist ihr Anteil auf 5 % gesunken. Die Automatisierungsfunktionen, die Finanzfachkräften inzwischen in Applikationen zur Verfügung stehen, befeuern diesen Wandel.
In dem Maße, wie die Umstellung auf digitale Technologien für eine stärkere Automatisierung in der Finanzfunktion verwurzelt wird, werden manuelle Sammlung, Konsolidierung, Überprüfung und Formatierung von Daten verschwinden.
Automatische Abstimmungen
Finanzfachleute verbringen heutzutage viel zu viel Zeit mit der Abstimmung von Daten aus verschiedenen Systemen. Denken Sie beispielsweise an die Transaktionen zwischen internen und externen Systemen sowie zwischen verschiedenen Hauptbüchern. Bei manuellen Aufgaben sind Fehler unvermeidlich, und Duplizierungen oder Fehler bei der Dateneingabe führen zu Ineffizienzen.
Robynne Sisco, President und CFO bei Workday, hat dies in Unternehmen, in denen sie zuvor tätig war, hautnah miterlebt: „Die Finanzabteilung musste jeden Monat einen Periodenabschluss erstellen, die Daten abrufen, abgleichen, formatieren und analysieren. Die Zahlen lagen dem Unternehmen meist erst zwei Wochen nach Periodenende vor und damit zu spät, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen“, erinnert sie sich.
Machine Learning kann Finanzfachkräfte durch den Rückgriff auf Regeln und Muster in die Lage versetzen, eine große Anzahl solcher Abstimmungen zu identifizieren, das Problem zu ermitteln und es in einigen Fällen zu korrigieren und in anderen zu melden, wenn ein manueller Eingriff erforderlich ist. Das Finanzteam sollte in der Lage sein, die Prozesse für Abstimmung, Konsolidierung, Reporting und Abschluss zu automatisieren, damit Aufgaben innerhalb einer einzigen Lösung präzise abgeschlossen werden.
Schnellere Finanzabschlüsse
In den meisten Unternehmen reicht schon ein bevorstehender Finanzabschluss, um die gesamte Finanzabteilung in helle Panik zu versetzen. Dies liegt größtenteils an den zahlreichen Systemen, die in den Abschlussprozess einbezogen sind, da die Zahlen aus mehreren Bereichen des Unternehmens eingeholt werden müssen. Für Unternehmen wie Aon bedeutete der Beginn der Pandemie, dass sie den ersten Remote-Abschluss überhaupt erstellen mussten.
Die neuen Tools und Ressourcen, die Finanzteams bei der Arbeit mit verschiedenen Systemen unterstützen können, um Finanzabschlüsse effizienter und präziser zu gestalten, lassen sich zwei Kategorien zuordnen: cloudbasierte Lösungen und digitale Technologien. Bei cloudbasierten Lösungen liegt ein entscheidender Vorteil in der Einfachheit des Deployments im Vergleich zu On-Premise-Software. Updates sind wesentlich leichter zu installieren und die Cloud macht es leicht, die vorhandene Lösung schnell und effizient aufzurüsten und weitere Services hinzuzufügen.
„Ein Großteil der Arbeit im Finanzwesen konzentriert sich aktuell auf ein schmales Zeitfenster am Monatsende, in dem eine große Zahl manueller Eingaben verarbeitet wird“, so Larson von Workday. „Die Kerntransaktionen und -prozesse der intelligenten Automatisierung bereinigen dieses ineffiziente Arbeitsmuster und tragen dazu bei, dass Daten gleich bei der ersten Buchung korrekt übernommen werden. Dadurch sind weniger manuelle Eingriffe erforderlich. Ein gutes Beispiel ist die durch Machine Learning ermöglichte Anomalie-Erkennung, die von der Norm abweichende Transaktionen erkennt und automatisch korrigiert oder meldet, sodass sie überprüft werden können, bevor die entsprechenden Posten verbucht werden.“
Sicherheit ist eine weitere Stärke cloudbasierter Lösungen, da Unternehmen das dafür nötige Know-how nicht selbst aufbauen müssen, sondern die integrierten Sicherheitsfunktionen der jeweiligen Lösung nutzen können. Viele Anbieter steigen aus strategischen Gründen auf ein Cloud-Modell um und verfolgen langfristig das Ziel, nur noch cloudbasierte Lösungen anzubieten – ein wichtiger Trend für Unternehmen, die in Finanzlösungen investieren möchten. Für Finanzfachleute, die Transformationen in ihrem Bereich anstoßen, stellt die steigende Verfügbarkeit von Cloud-Lösungen eine echte Chance dar.
Schnellere, genauere Einblicke
Durch die oben genannten automatisierten Prozesse profitiert das Finanzwesen zweifellos von höherer Effizienz. Wirklich transformative Auswirkungen hat intelligente Automatisierung jedoch im Hinblick auf die Fähigkeit, die steigenden Anforderungen an Erkenntnisse, Reporting und Analyse zu erfüllen sowie von wichtigen Stakeholdern benötigte Daten in zunehmender Menge und Komplexität nahezu in Echtzeit zu liefern. So identifizierten 26 % der Teilnehmer an einer globalen Studie unter CFOs eine bessere Entscheidungsfindung als Hauptgrund für die Einführung automatisierter Prozesse innerhalb der Finanzorganisation. Diese ermöglicht es ihrem Team, sich stärker auf strategische Aspekte des Unternehmens zu konzentrieren.
In dem Maße, wie die Umstellung auf digitale Technologien für eine stärkere Automatisierung in der Finanzfunktion verwurzelt wird, werden manuelle Sammlung, Konsolidierung, Überprüfung und Formatierung von Daten verschwinden. Diese Aufgaben ohne Mehrwert sind derzeit enorm zeitaufwendig, sodass wenig Zeit für analytische Fragestellungen bleibt. Auch werden sich Finanzteams im Zuge der voranschreitenden Automatisierung manueller Routineaufgaben auf wertschöpfende Aktivitäten wie Szenarioplanung, Risikobewertung sowie leistungsbezogene und prädiktive Modellierung konzentrieren können.
„Mit neuen Datenquellen gehen neue Analysetechniken und eine Suche nach Erkenntnissen einher. Unternehmen werden Automatisierungs- und Data Mining-Techniken auf Planungs-, Liefer- und Ergebnisdaten anwenden, um die Transparenz und Protokollierung dieser Prozesse zu verbessern“, so Jason Byrd, Partner, Technology Business Management, KPMG. „Anhand der neuen Erkenntnisse werden Teams in der Lage sein, aktuelle Daten zur Analyse von Reaktionsgeschwindigkeit, Entwicklung und Kundenfeedback zu erfassen. Auf diese Weise wird eine Feedbackschleife aus Entscheidungsfindung und Kurskorrektur entstehen.“
Zwar besteht Hoffnung, dass sich die pandemiebedingten Störungen der globalen Märkte ab 2021 auflösen werden. Doch Finanzführungskräfte müssen auf alles vorbereitet sein – und das bedeutet, dass Finanzabteilungen intelligente Automatisierung nutzen müssen, um die Effizienz der verfügbaren Ressourcen zu maximieren.