Deutsche Führungskräfte sind der internationalen Konkurrenz in Sachen digitales Wachstum laut einer aktuellen Umfrage von Workday einen guten Schritt voraus. Im Rahmen der globalen Studie „Unternehmensweite Agilität: Wichtiger Treiber des digitalen Wachstums“ von Longitude wurden fast 1.000 Führungskräfte in Asien, Europa und Nordamerika befragt.
Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Unternehmen ihre Investitionen in die digitale Transformation in konkrete Unternehmensergebnisse umwandeln können. Die Ergebnisse deuten auf eine starke Wechselwirkung zwischen digitalem Umsatzwachstum und unternehmensweiter Agilität hin. Gemeint sind Verhaltensweisen, durch die Marktführer in der Lage sind, das digitale Umsatzwachstum voranzutreiben und die digitale Transformation von einem einmaligen Ereignis in ein neues Betriebsmodell zu überführen.
Im Rahmen der Studie wurde eine Gruppe von Unternehmen identifiziert, deren Eigenschaften darauf hindeuten, dass sie Agilität lückenlos in ihre täglichen Betriebsabläufe integriert haben, um ihr Geschäft effektiv zu transformieren und auf digitales Umsatzwachstum auszulegen. Diese Gruppe – die „Vordenker“ – setzt sich aus 15 Prozent der weltweiten Studienteilnehmer zusammen.
Etwas mehr als die Hälfte der Befragten lässt sich hingegen der Kategorie der „Nachzügler“ zuordnen, die wesentlich langsamer Fortschritte erzielen oder die agile Transformation noch gar nicht in Angriff genommen haben. Die verbleibenden 30 Prozent der Teilnehmer bilden die Gruppe der „Progressiven“ – jene Unternehmen, die zwar noch nicht konsequent auf Agilität eingestellt sind, aber auf dem besten Weg dorthin sind.
Bei den agil aufgestellten Vordenkern ist die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch, dass sie einen wesentlichen Anteil ihres Umsatzes mit neuen digitalen Angeboten erzielen. Außerdem reagieren sie mit zehnmal höherer Wahrscheinlichkeit agil und schnell auf Marktveränderungen und verzeichnen dementsprechend ein höheres digitales Umsatzwachstum.
Der Studie zufolge gehen mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen davon aus, bis 2022 über 50 Prozent ihres Umsatzes aus digitalen Quellen zu erwirtschaften. In der Gruppe der globalen Vordenker liegt der Anteil der deutschen Firmen mit dieser Erwartung sogar bei 82 Prozent. Doch es gibt noch einiges zu tun, denn nur 25 Prozent haben in dieser Hinsicht nach eigenen Angaben bereits signifikante Fortschritte erzielt.
„Schwierigkeiten bei der Skalierung neuer digitaler Initiativen“ (25 Prozent) sowie „Kompetenzlücken“ (24 Prozent) zählen laut der Studie zu den drei größten Hürden auf dem Weg zu digitalem Wachstum in Deutschland.
Wie bereits in einer globalen Workday-Studie von 2018 erwiesen sich auch hier Compliance und Datenschutz als entscheidendes Hindernis für digitales Wachstum in deutschen Unternehmen. Angesichts der globalen Anstrengungen, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union ordnungsgemäß umzusetzen, überrascht es kaum, dass sich viele Unternehmen schwer damit tun, die Auswirkungen der Verordnung auf das digitale Geschäft nachzuvollziehen.
83 Prozent der deutschen Unternehmen sind der Ansicht, dass ihre Unternehmenskultur Mitarbeiter dazu ermutigt, aus Fehlern zu lernen. Im globalen Durchschnitt sind es nur 70 Prozent. Mehr als drei Viertel der deutschen Vordenker betrachten kontinuierliches Lernen aus Kundenfeedback und der allgemeinen Geschäftswelt als Grundlage für ihr digitales Innovationskonzept.
Die Studie ergab, dass sich agile Unternehmen durch fünf Merkmale auszeichnen, die je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt und ausgereift sind. Einschlägige Ergebnisse der deutschen Studienteilnehmer sind im Folgenden aufgeführt:
Jährliche Planungszyklen werden den Anforderungen des volatilen und dynamischen Markts, in dem moderne Unternehmen agieren, nicht gerecht. Kontinuierliche Planung ist heute wichtiger denn je. Nur 21 Prozent der deutschen Studienteilnehmer sind der Ansicht, dass ihnen der Planungsprozess im Unternehmen eine schnelle und agile Reaktion auf Marktveränderungen erlaubt.
Vor diesem Hintergrund stufen Vordenker aus deutschen Unternehmen unflexible Altsysteme (38 Prozent) und eine bürokratische Unternehmenskultur (24 Prozent) als die zwei größten Hürden ein, die einer konsequenten Umstellung auf kontinuierliche Planungszyklen im Weg stehen.
Im Rahmen der Studie wurde untersucht, in welchem Maße Unternehmen in der Lage sind, vorhandene Ressourcen umzuverteilen, um neue Geschäftschancen zu erschließen. Diese Kompetenz ist bei Vordenkern besonders stark ausgeprägt: So ist der Anteil der Befragten, die angeben, Mitarbeiter schnell neuen Bereichen zuteilen zu können, in denen ihre Kompetenzen gebraucht werden, in dieser Gruppe knapp um das Fünffache höher als bei den Nachzüglern. Eine ebenso große Abweichung zeigt sich bei der Frage nach dem Vorhandensein eines Systems zur Bewertung von Kompetenzen und Kompetenzlücken.
Flexible Strukturen und Prozesse müssen von einer unterstützenden Unternehmenskultur getragen werden, doch diesem Ziel steht laut Studie vor allem eine bürokratische Unternehmenskultur im Weg. Altsysteme (30 Prozent) und motivationsbedingtes Festhalten an veralteten Prozessen (28 Prozent) wurden außerdem als größte Hürden bei der Etablierung dynamischer Planungskompetenzen genannt. Noch dazu stehen diese beiden Faktoren miteinander in Konflikt.
Die Pläne, Strukturen und Prozesse, die mit Agilität einhergehen, müssen von passenden Kompetenzprofilen gestützt werden. Die richtige Kombination aus Hard Skills und Soft Skills allein reicht nicht aus – für die Fach- und Führungskräfte von morgen kristallisiert sich zunehmend ein anderes Kriterium als entscheidender Erfolgsfaktor heraus: eine positive Einstellung zu fortwährenden Veränderungen.
Angesichts des permanenten Wandels spielen auch Weiterqualifizierung und Umschulung eine zentrale Rolle, vor allem mit zunehmendem Einsatz moderner Technologien wie Machine Learning am Arbeitsplatz. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass kreative und unkonventionelle Problemlösungsstrategien (33 Prozent) sowie fortschrittliche Analysen und Datenvisualisierung (26 Prozent) für die kommenden Jahre als wegweisende Kompetenzen für die Belegschaft deutscher Unternehmen eingestuft werden. Mehr als die Hälfte der deutschen Studienteilnehmer planen bis 2024 Weiterqualifizierungsmaßnahmen für über 50 Prozent ihrer Belegschaft, um diesen sich abzeichnenden Aufgabenbereichen Rechnung zu tragen.
Dieser Wandel stellt Unternehmen vor eine zentrale Herausforderung: Die Motivation der Mitarbeiter muss permanent gewährleistet werden, um Spitzenkräfte im Unternehmen zu halten. Interessanterweise stimmen drei Viertel der Befragten zu, dass die Mitarbeitereinbindung für ihr Unternehmen essenziell ist, um erfolgreich zu sein. Um Fachkräfte jedoch dauerhaft zu binden, muss das Personalmanagement grundsätzlich flexibler werden.
Mitarbeiter müssen zur richtigen Zeit die richtigen Informationen abrufen können, um die bestmöglichen Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen. Dies ist ein grundlegendes Merkmal unternehmensweiter Agilität und die Gruppe der Vordenker konnte in diesem Bereich signifikante Fortschritte erzielen.
IT-Teams – und das gesamte Unternehmen – profitieren von einem schnellen Datenzugriff, der ein Eingreifen der IT-Abteilung unnötig macht. Vordenker tragen diesem Umstand Rechnung. Ihr Urteil fällt nahezu einstimmig aus: Die freie Verbreitung aktueller Informationen und Daten vereinfacht die Entscheidungsprozesse im gesamten Unternehmen. So bieten vier von fünf Vordenkern nach eigenen Angaben der gesamten Belegschaft vollständigen Datenzugriff. 99 Prozent betrachten einen freien Informations- und Datenfluss als effektiven Treiber einer delegierten Entscheidungsfindung.
Doch längst nicht alle Unternehmen schaffen Strukturen, die eigenständige, datengestützte Entscheidungen ermöglichen. Knapp die Hälfte der Befragten beklagen abteilungsinterne Datensilos und veraltete Informationen im Unternehmen. Vielleicht ist der Grund hierfür in kulturellen Problemen zu suchen. So fühlt sich ein Fünftel der Befragten von hierarchischen Strukturen im Unternehmen an einer effektiven Delegation von Entscheidungen gehindert.
Um informierte und delegierte Entscheidungsprozesse zu etablieren, ist es nicht damit getan, Führungskräften Zugriff auf aktuelle und relevante Daten zu gewähren. Es geht auch darum, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter die benötigten Daten abrufen können, um fundierte Entscheidungen im Sinne des Unternehmens zu treffen.
Innovationen müssen sich als rentabel erweisen. Um dies sicherzustellen, müssen Unternehmen ihre digitalen Initiativen streng überwachen und kontrollieren. Agile, schnelle Prozesse sind dabei unabdinglich. Die Gruppe der Vordenker ist sich dessen bewusst: Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit um das Doppelte erhöht, dass sie über die erforderlichen Messwerkzeuge zur Bewertung der Performance neuer digitaler Produkte und Services verfügen.
Trotzdem beklagt fast ein Fünftel der Befragten einen Mangel an KPIs zur Erfolgsmessung im digitalen Zeitalter. Vordenker stimmen diesem Punkt am häufigsten zu. Hinzu kommt, dass bisher nur ein Viertel der Unternehmen signifikante Fortschritte bei der Messung des digitalen Umsatzwachstums erzielt hat. Angesichts der steigenden Bedeutung digitaler Umsatzquellen müssen neue KPIs erarbeitet werden.
Unter Vordenkern ist auch die sogenannte „Fail-Fast“-Mentalität besonders stark ausgeprägt. Mehr als 90 Prozent von ihnen geben an, dass sie bei schwindenden Erfolgsaussichten eines Projekts im Handumdrehen den Kurs ändern können. Ebenso viele sind der Ansicht, dass ihre Unternehmenskultur Mitarbeiter dazu ermutigt, aus Fehlern zu lernen. Zusammengenommen bilden diese beiden Faktoren eine wesentliche Voraussetzung für agilitätsgetriebenen Erfolg: Zur Profitmaximierung müssen zukunftsfähige Unternehmen in der Lage sein, das Potenzial neuer digitaler Projekte zeitnah zu bewerten und kurzfristig Änderungen vorzunehmen.
Moderne Unternehmen in Deutschland müssen die Transformation vorantreiben und die damit einhergehenden digitalen Wachstumsmöglichkeiten ausschöpfen, um mit „Digital first“-Akteuren und den Anforderungen eines hochgradig volatilen Markts Schritt zu halten. Die Ergebnisse unserer Studie deuten klar darauf hin, dass sich die Vordenker auf dem Weg zu kontinuierlichem digitalem Wachstum dadurch auszeichnen, dass sie die meisten – wenn nicht alle – Merkmale unternehmensweiter Agilität verinnerlicht haben. Nachzügler haben noch immer die Chance aufzuholen, doch die Zeit wird knapp.
Für eine erfolgreiche Loslösung von Silostrukturen, bürokratischen Prozessen und traditionsverhafteten Arbeitsmethoden sind alle fünf Merkmale unternehmensweiter Agilität von grundlegender Bedeutung. Kontinuierliche Planung, flexible Organisationsstrukturen, Weiterqualifizierungsprogramme, die Schaffung einer Informationsgrundlage für fundierte Entscheidungen innerhalb der Belegschaft und die Implementierung geeigneter Bewertungsmechanismen und Leitlinien bilden das Fundament für kontinuierliche Innovation, digitales Umsatzwachstum und die Vorbereitung des Unternehmens auf die Zukunft.